Popgeschichte(n) mit Frater Aloisius, Folge 1000: Die FLOWERPORNOES waren zu laut

Jüngst habe Tom Liwa die Flowerpornoes reaktiviert (siehe taz vom 19.3.2007: „Gute alte Säcke, böse alte Säcke“), so wird berichtet. Seit sich, vor ziemlich genau 20 Jahren folgende schöne Geschichte zutrug, bewohnt deren Musik ein Plätzchen in meinem Herzen. 1987 oder 1988, als Mr. Sibbs und ich im Jugendzentrum von Tschernovülbel unsere „Independent-Disco“ vorbereiteten (F.A.S.H. berichtete), steckten uns die dort Angestellten ein paar Scheine fürs Plattenkaufen zu.

Eine der Scheiben, die wir mit sicherem Händchen und mit Bedacht auswählten (soviel Geld war es auch wieder nicht), nannte sich the sound and the fury (big store Label, 1987) und stellte eine muntere deutsche Garagensound- oder Neopsychedelik-Szene (was auch immer) vor. Klänge, die noch wegweisend werden oder bleiben sollten.
Neben Broken Jug, Well! Well! Well!, den Truffauts und Ferryboat Bill stellten die  Flowerpornoes aus Duisburg einen Song auf t.s.a.t.f.
Die the sound and the fury– Bands wurden umgehend erstmal mein Hauptsammelgebiet. Was das Taschengeld halt hergab.

thesoundandthefury1987

Eines Tages also, bald nach der legendären und überaus erfolgreichen oben erwähnten Indie-Party, radelte ich durch Frankfurt als ein Plakat mit der griffigen Aufschrift DRASTIC DUISBURG mein Augenmerk streifte. Eine Handvoll Bands aus ebendiesem schäbigen Ruhrgebietshafenkaff spielte kurioserweise im Zelt eines Zirkus (an dessen freiem Tag), welcher auf dem Festplatz am Ratsweg gastierte. Darunter auch die Flowerpornoes, was mich bewog, der Veranstaltung beiwohnen zu wollen.

Ich weiß die anderen Bands nicht mehr, immerhin ist es 20 Jahre her. Tom Liwa und seine Flowerpornoes betraten jedenfalls zuletzt die Zeltbühne. Also die Manege. Ein super Konzert, als plötzlich mittendrin das Licht an- und die Musik ausging und Polizisten da unten in der Manege umherstiefelten,

die irgendwas mit den Musikern und Veranstaltern bequatschten. Das Publikum reagierte natürlich total genervt, fragte sich, was die Bullen da wollen und wann die Flowerpornoes wohl endlich weiterspielen dürften. Man pfiff und johlte und  Tom Liwa, der Ruhe und Laune bewahrt hatte, wandte sich an die Ungeduldigen:

Es gäbe irgendwelche Unstimmigkeiten mit städtischen Lärmauflagen (Möchtegernmetropole, kann ich da nur sagen!) und die Band müsse, bei Strafandrohung oder Stromabdrehdrohung, sofort aufhören! Was für eine Enttäuschung!
Aber Liwa fügte hinzu: „Die Band muss aufhören, aber ich werde zur akustischen Gitarre alleine noch für euch singen!“ Was er dann auch ausgiebig tat. Bis heute blieb mir dieser (erzwungene) unplugged-Gig in der Zirkusmanege in ganz und gar bezaubernder Erinnerung.

www.tomliwa.de

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