Spongebob: Weich, aber mit Ecken


Seit einiger Zeit habe ich einen Blogeintrag in Arbeit, der davon handeln soll, warum ich Spongebob für kindgerechtes und gutes Fernsehen halte. Für kindgerechtes Erwachsenenfernsehen. Hier ist er.


Viele Negativbeispiele

Oft schustern Produzenten von „Familienfilmen“ oder TV-Cartoons leider eine unsägliche Grütze zusammen, einzig mit dem Ziel, bei jung und alt gleichermaßen abzukassieren und schaffen dabei nicht, ein homogenes Ergebnis abzuliefern. Denkt an Star Wars, die neuen Teile: Die Zielgruppe ist erwachsen, aber um für kindliche zahlende Zuschauer auch eine Liebhabefigur einzubauen, pfropft man einen bescheuerten Kasper wie Jar Jar Binks auf die Handlung drauf.
Die Folge: Weder Kinder noch Erwachsene werden richtig überzeugt.
In den den Shrek-Fortsetzungen war das ähnlich: Ein paar Anspielungen und etwas Augenzwinkern in Richtung der älteren, ein wenig Klamauk für die Kleinen. Enttäuschend für alle.

Was Spongebob ausmacht
Bei Spongebob hingegen stimmt die Mischung. Das gallige satirische Element, der überzogene Blick auf den alltäglichen Wahnsinn, ist kühn verwoben, Verzeihung, wenn ich das so sage, mit Herzenswärme und vor allem mit einem positiven Menschenbild.
Der gelbe Schwamm, naiv und pfiffig zugleich, steht für unerschütterlichen Optimismus, für niemals Aufgeben und für das Beste aus jeder widrigen Situation machen. Und U steht für Ukulele.

Das kann man getrost mit seinen Kindern, auch schon mit kleineren anschauen.
(Ich würde sagen ab vier Jahren, aber das muss man individuell entscheiden. Bibi beispielsweise teilt meine Meinung nicht ganz und hält dagegen, für kleine Zuschauer sei das Tempo der Sendung zu hoch. Man soll solche Dinge diskutieren. Zu viele parken ihren Nachwuchs unreflektiert vor der Glotze.)

Die psychedelische Unterwasserwelt Bikini Bottom bietet, bei allem Chaos, allem Grotesken, einen überschaubaren Rahmen und lehrreiche Figurenkonstellationen. Ein Griesgram ist dabei, ein turbokapitalisitscher Unternehmer und ein bester Freund und manche mehr. So unerschütterlich wie der herrschende Optimismus ist auch die Freundschaft, die im Mittelpunkt der Serie steht: Zwischen Spongebob und seinem schlichten, man könnte sagen grenzdebilen Kumpel Patrick. In der restlichen Fernsehwelt werden Typen wie der hirnweiche Seestern Patrick heute gnadenlos vorgeführt und dem Spott ausgesetzt! Bei Spongebob nicht. Da kann sogar ein Dussel der allerbeste Freund sein.

Freundschaft, Optimismus, Unermüdlichkeit? Fast hätte ich noch Integration aufgezählt. Ich mag das Spongebob-Weltbild. Eine deutsche Hiphopgruppe hat vor Jahren einmal gereimt: „Die Gesellschaft verwahrlost: Zu wenig Mickymäuse, zu viele Kater Karlos“.
Ich würde heute hinzufügen:
Wir brauchen mehr Spongebobs.

Was kluge Leute über Spongebob denken
Im Tagesspiegel habe ich einen Artikel von Barbara Sichtermann entdeckt.
In „Das Kind im Schwamme“ plädiert die preisgekrönte Publizistin erstens ebenfalls dafür, früh mit Spongebob anzufangen und outet sich zweitens auch selbst als Fan.
Unbedingt lesenswert, sehr sympathisch.

Desweiteren finden sich in ihrem Artikel Randinformation über hochkarätige Starbeteiligung beim Meerescartoon:
„Höchstes Niveau halten auch die Dialoge – mit dem Effekt, dass sich Superstars bereit finden, den Meerestieren ihre Stimme zu leihen. David Bowie begründete seine Zusage mit den Worten, der „Heilige Gral des Animationsfilms“ dürfe an ihm „nicht vorübergehen“. Jim Jarmusch hat sogar eine Statistenrolle (Angler) übernommen“

Sichtermann weiß Spongebob prägnant zu charakterisieren. Sie sagt:
„…brechen lässt sich der Schwamm niemals, dafür ist er zu weich.“
Und:
Schon dass Spongebob vier Ecken hat …kann man als Zeichen dafür interpretieren, dass dieser Typ sich nicht wirklich anpasst – trotz seiner Bemühungen.“

Ich mag ihn.

Das Bild, das ich hier aus den Titeln zweier Druckwerke kreiert habe, nenne ich:
„Über Medien reden – eine gute Idee.“

(die Broschüre gibt es bei bpb.)

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